Veröffentlichungen von Urmila Goel

Reiseeindrücke

erschienen  in: Meine Welt, 20/2, 18. (Text als pdf)

Colombo. Die Freundin wünschte sich eine Tasse von Paradise Road. Ich suche den ganzen Laden ab und finde keine Tasse. Zurück in Deutschland finde ich sie dann doch in der Küche der Freundin – sie hat ein westliches Motiv. Danach hatte ich nicht gesucht.

Delhi. Sie schwärmt von ihrem tollen, gemütlichen, schön eingerichteten Wohnheimzimmer. Ich sehe ein kleines Doppelzimmer ohne Schreibtisch, dafür mit Farbkleksen am Schrank und kahlen Wänden. Was die Mitbewohnerin sieht, wissen wir nicht. Ein Zimmer mit vielen Facetten.

Peshawar. Kein Wasser sondern Cola und Sprite in der Konferenzpause. Eine Tankstelle mit Laden, vollgestopft mit Schokoriegeln und anderen Süssigkeiten. Parliamentarierinnen mit US-Diplom und selbigen Akzent. Wer sagt, dass Pakistan amerikafeindlich ist?

Kathmandu. Touristen müssen ein beträchtliches Eintrittsgeld zahlen, um den Pashupati Tempel zu besuchen. Ihn betreten dürfen nur Hindus – der Nachweis der Religionszugehörigkeit erfolgt über das Aussehen. Ist das Rassismus?

Delhi. Männer in dunklen Anzügen und hellen Hemden, manche mit Brille, andere ohne. Fast alle mit weissen Haaren. Den deutschen Abgeordneten kann man nur durch seine dunklen Haare unterscheiden. Dass er jung ist, sieht man. Dass er der Deutsche ist, sieht man nicht auf den ersten Blick.

Islamabad. Im eigenen Haus genüsslich einen Whiskey trinken, während der Diener das Abendessen zubereitet. Dabei über seine kommunistischen Ideale sprechen. Das ist die Vereinigung von Bourgeois und Proletarier.

Singapur. Auf dem Weg zu einer Konferenz einer deutschen Organisation auf Bali in Singapur die indische Nichte besuchen. Deren Handy-Nummer per SMS von ihrer Schwester in Delhi erfragen. Währenddessen mit einer deutschen Studentin in einem französischen Cafe ein Stück Kuchen essen. Das ist Globalisierung.

Delhi. Über den Lautsprecher kommen Brecht-Balladen. Im Vorraum verkaufen junge Frauen in Jeans und T-Shirt Batiken und andere Textilien. Im Hinterraum berät der alte Mann bei der Auswahl von Büchern über Kommunalism, Gender und Homosexualität. Das ist Delhi.

Islamabad. Unzählige Stände bieten am Food Court leckeres Essen an. Lamm, Huhn, Rind in allen möglichen Zubereitungen. Die Teller biegen sich unter dem Fleisch. Ein bisschen Brot gibt es auch dazu, Gemüse nicht. Das ist wahrlich Non-Veg.

Bali. Hinduistische Tempel an jeder Strassenecke. Drinnen viele Statuen. Aber keine von Göttern. Das Design eindeutig südostasiatisch. Alles unvertraut. Hinduismus mal anders.

 

© Urmila Goel, www.urmila.de 2003